Island 2013 – ein kleiner Reiseführer
Wir waren im Sommer 2013 gut 3 Wochen mit zwei Erwachsenen und drei Kindern (12, 10 & 5 Jahre) in unserem „offroad-Camper“ auf Island unterwegs. Dies hier soll weniger ein Reisebericht, als ein kleiner Reiseführer werden: Worauf muss man achten und was fanden wir sehenswert?
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Anreise**
Wir sind mit der (einzigen) Fähre M/S Norröna mit dem Auto nach Island gefahren. Das war teuer. Angeblich gibt es auf smyrilline.fo, smyrilline.dk und smyrilline.is unterschiedliche Preise, aber das haben wir erst erfahren, als wir schon gebucht hatten. Leben auf der Fähre war auch teuer, wir haben in 24 Stunden jeweils über 300 € für (mässiges) Essen für 5 Personen ausgegeben.
Wir hatten für uns Eltern eine Deluxe Kabine gebucht und für die Kinder eine 3er Kabine. Das war gut, denn in der Deluxe Kabine konnte man auch zu fünft ganz gut die Zeit totschlagen. Die Kabine war mittschiffs, was das Stampfen erträglicher macht. Nachdem sich ein Kind übergeben hatte, haben wir munter Anti-Seekrankheits-Medizin eingeworfen. Die Reise zwei Nächte hin und drei Nächte zurück war vor allem langweilig. Auf der Rückreise (Anfang September) nervten auch mehrere Kegelklubs im Reisebus etwas.
Vorsicht beim Einschiffen: schon in der Wartekolone wird man gezwungen, so nah aneinander zu fahren, dass der Kofferraum nicht mehr aufgeht. Während der Überfahrt kommt man nicht ans Auto, also Gepäck vorbereiten. Auf dem Fahrzeugdeck kann es Unglaublich eng sein, uns hat beim Rausfahren ein Wohnanhänger den Kotflügel kaputt gefahren. Nahe, Naben zieren. Zum Leben auf dem Schiff siehe die Berichte von Tag 17, Tag 18, Tag 39, Tag 40 und Tag 41.
Die Fähre fährt von Hirtshals an der Nordspitze Dänemarks. Wir haben auf halben Weg bei Nr. Lyngvig Camping übernachtet. Toller Platz, da steht man in den Dünen, aber etwas weit bis zur Fähre am morgen, deswegen haben wir noch eine Nacht direkt bei Hirtshals eingelegt. Bericht bei Tag 15 und Tag 16.
Generell
Island ist teuer. Im Bereich der Ringstrasse scheint es etwas überlaufen, aber selbst da hat man ehr selten den Eindruck von Touristennepp, es ist halt einfach alles sehr teuer. Kaum zu glauben, wie teuer es da vor der Finanzkrise 2008 gewesen sein muss.
Wir haben uns aber auch sehr bewusst ganz von der Gegend um Reykjavik und viel von der Ringstrasse weg gehalten. Der größte Ort, den wir besucht haben war Isajfördur (Tag 32 und 33) in den Westfjorden, wo es uns sehr gut gefallen hat.
In Island steht nicht an jedem Felsen, dass man herunter fallen könnte, was wir sehr angenehm empfanden.
Grosse Sehenswürdigkeiten gibt es wenige und kleine zu Hauf. Eigentlich braucht man gar keine detaillierte Reiseplanung zu machen, sondern kann los fahren und einfach immer da stoppen, wo es nett ist und wo es grad nicht regnet. Mit einem Wohnmobil oder Zelt findet man eigentlich immer was, wo man am Abend bleiben kann. Und es gibt ständig sehenswerte nette Sachen. Man kann sich wunderbar über die Insel treiben lassen und dem guten Wetter nach fahren.
Angeblich war es „der kälteste Sommer seit Jahren“. Die niedrigste Nachttemperatur war knapp -2 C. Mütze ist Pflicht, wir fanden Buff Tücher sehr praktisch. Manchmal waren Handschuhe gut, vor allem bei kaltem nassen Wind. Wir fanden das Wetter im allgemeinen nicht unangenehm und haben auch nicht sonderlich gefroren. Allerdings hätten wir uns oft über bessere Sicht gefreut. Zwischendurch war immer wider sehr sonniges Picknickwetter. Die Markise haben wir aber vor allem als Regenschutz benutzt.
Auto fahren fanden wir unproblematisch. Wenn man die Augen offen hält, kommt man auch nicht plötzlich auf irgendwelche Horrorstrecken. Mit einem gut ausgerüsteten Offroad-Wohnmobil sind uns keine ernsthaften Hindernisse untergekommen, wobei das Furten anfangs natürlich aufregend ist. Einmal hatten wir nicht die Augen offen gehalten und da war das Furten dann etwas zu aufregend für unseren Geschmack (Tag 27). An einem tag war Ich (md) unkonzentriert und hab einen grossen Felsbrocken am Strassenrand übersehen. Das hat uns „nur“ die hintere Kotflügelverbreiterung gekostet, hätte aber auch ein übler Unfall werden können. Pistenfahren erfordert Konzentration. Karten sind selten Komplett, manchmal ist einfach Intuition gefragt. EinGPS ist gut, damit man auf jeden Fall wider zurück findet.
Ernsthaft Hochlandtaugliche Geländewagen sind sehr teuer zu mieten.
Unsere Route ging von der Fährankunft in Seyðisfjörður nördlich nach Langhanse (Nacht 19), von da nach Asbergi (Nacht 20). Beide Tage jeweils etwa 200 km bei 7:30h Fahrzeit, Durchschnittsgeschwindigkeit etwa 30 km/h.
Dann über den Dettifoss zum Myvatn (Nacht 21, 125 km bei 25 km/h), von da über Botni nach Akureyri (Nacht 22, 170 km bei 18 km/h, in den Lavafeldern deutlich langsamer), dann über Dalvik nach Skagafjördur (Nacht 23, 140 km bei 30 km/h), bei Grettirslaug vorbei nach Blöduos (Nacht 24, 210 km bei 30 km/h), von da zum Langjökull Übernachtung in der Hütte Árbúðir (Nacht 25, 200 km bei 20 km/h), von da bei Skalpanes an den Füß des Langjökull und dann am Gullfoss vorbei über Reykholt und Reykir nach Landmannalaugar (Nacht 26, 220 km bei 23 km/h). Von da am Haifos vorbei zurück zum Gullfoss, Laugarvatn, Þingvellir die 52 hoch nach Borganes und dann weiter bis Hellnar am Snaefells (Nacht 27, 410 km bei 36 km/h). Da einige Zeit rumgucken (Nacht 28 & 29, jeweils gut 50 km mit fast 45 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit). Die Route zum Herunterladen gibt es hier.
Wir hatten nie länger als 60 Minuten keinen Mobilfunkempfang. Das Satelittentelefon hätten wir also durchaus zu Hause lassen können. Es gibt eine sehr vernünftige Betreuung durch den Rettungsdienst ICE-SAR. Alles in allem also ein Reiseland, in dem man sich sehr sicher fühlt.
Man kann überall mit EC-Karte zahlen ausser in Spendenboxen (zB an Hot Pots) und bei Duschen (auf Campingplätzen). Auch die kleinste Berghütte nimmt Karten.
Die Grosszügige Nutzung von iPads und iPhones versüssten die langen Stunden der Reise für die kleinen und sorgenden dafür, dass die grossen nicht von Gequengel genervt waren. Gelegentlich musste man 5 Minuten iDevice Verbot aussprechen, damit die Kinder auch mal aus dem Fenster schauten.
Ruinen
Unser Hobby: wir suchen postantromorphe und postindustrielle Landschaften – also Gebiete, aus denen sich der Mensch wieder zurück gezogen hat. Ich hatte vorher gross recherchiert und so manche verlassene Farm auf Satelittenbildern gesucht und notiert. Hätte ich mir sparen können. Nordisland ist so voll davon, dass man besser aus dem Fenster schaut, als auf die Karte, dann findet sich allerorten irgendwas photogenes.
Besonders viel Freude hatten wir an der Langhanes Halbinsel, der Gegend um Lokinhamrar und Strandir. Aber spektakuläre Ruinen gibt es eigentlich überall (zb. Tag 19, 20, 26, 32, 34, 37). Das “Künstlerdorf” Selardalur (Tag 31) bereitete uns auch Freude.
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Essen**
Vieles sieht von aussen schäbig und wenig einladend aus, aber wir waren fast immer positiv überrascht. Gastronomie/Museen/Ponyhöfe/usw. sind oft sehr liebevoll geführt. Hotels/Pensionen haben uns hingehend oft vergrault. Allerdings hat uns das Essen eigentlich nie wirklich gut geschmeckt. Vielleicht sind wir zu konservativ.
Das Museumskaffee in Sauðanes war eine nette Eröffnung unserer Reise. Das Hostel Ytra-Lón hat einen liebevoll-bizarren Frühstücksraum und ein nettes, kleines Buffet.
Nicht nur beim Schlafen, sondern auch beim Essen muss man das “Bucic Ressort” Lonkot auf jeden Fall erwähnen.
Das Cafe in Grettierslaug ist nett, aber unserer Meinung nach keinen Umweg wert.
Auf der Hochlandhütte Árbúðir an der 35/Kjölur/Kjalvegur, gibt es ein Café und in Landmannalaugar ein Shop Café in zwei ausrangierten Schulbussen (Tag 25 und 26).
Hellbar am Snaefells überaschte mit einem netten und vollen Hafencaffee. Das Museumscafe sah auch gut aus, hatte aber zu (Tag 29).
Das Seamonster Museum in Bildudalur (Westfjorde) war eine sehr angenehme Überraschung und hatte ein tolles Restaurant (Tag 31).
In Isafjördur gab es allerhand einladende Gelegenheiten zum Essen. Die Stadt gibt sich allgemein sehr urban – unter anderem mussten wir drei Restaurants abklappern, um einen freien Tisch zu bekommen (Tag 32).
Der „Ponnyhof“ Heydalur in den Westfjorden beeindruckte uns in vielerlei Hinsicht und zu allem Überfluss schmeckte das Essen da auch noch richtig gut (Tag 33).
Im Hotel in Djupavik (Westfjorde) wurden wir sehr Herzlich bewirtet. In Holmavik (Westfjorde) im Museum mit angeschlossenem Muschelrestaurant haben wir nicht gespeist, wegen „Meeresfrüchtenabneigung“. Im Restaurant gegenüber hat es uns nicht sonderlich gut geschmeckt (Tag 34).
Mittags – oder zum Brunch, denn wir waren aus der nicht so sympathischen Nachtunterkunft recht überhastet aufgebrochen – haben wir an der Ringstraße einen Pferdehof aufgesucht, der für sein abendliches Grillbuffet berühmt ist. Mittags gab es aber gar nicht so viel Auswahl. Wir endeten mit Kartoffelsuppe, Salat mit Pute, Pfannkuchen und Waffeln (Tag 35).
Am Myvatn gibt es ein Café “in einem Kuhstall” mit tollem Frühstücksbüffet, dass allerdings recht früh (9:30) schliesst (Tag 21 und 37).
Möðrudalur (N 65.37859° W 15.86860°) gibt es ein nettes Café im Torfhaus – der „einsamste Hof Islands“ (Tag 37).
Das “Sænautasel Café” (N 65.20339° W 15.56440°) bietet einen fiesem Campingplatz, Gästehaus und guten Pfannkuchen. Es handelt sich wohl um einer Art Freilichtmuseum (Tag 37).
In Egistadir gab es im Restaurant „Salt & Pepper“ gute Pizza und schnelles Internet. Da waren wir dann sogar zwei mal (Tag 38 und 39).
An fast jeder Tankstelle findet man einen Mini-Supermarkt und einen Hot-Dog Stand.
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Unterkunft**
Camping ist die akzeptierte Art zu übernachten und der Herbergsvater unserer ersten Unterkunft lachte uns aus ob unserer Auffassung, man könne nur auf ausgewiesenen Campingplätzen stehen. An Wochenenden im August sind die Campingplätze recht voll. In „Berghütten“ hatten wir im August aber nie Probleme einen Platz zu bekommen.
Wir waren mit „Wohnmobil“ unterwegs. Die Eltern im Klappschlafdach. Frau Kleinkind auf der Rücksitzbank und der Rest der Kinder im Zelt war die Standardeinteilung. Manchmal haben wir morgens zum umziehen die Standheizung angemacht. Im hochwertigen Hilleberg-Zelt war es in der Regel angenehmer, als im Klappschlafdach. Unser Haupt-Problem war, dass wir ständige die hälfte des Gepäcks nach draussen packen mussten um irgendwas zu erledigen. Kochen unter der Markise im Nieselregen war oft ganz gemütlich, bei Sturm war es superdoof und deswegen blieb gelegentlich die Küche kalt. Wir haben auch immer mal wider im Hotel übernachtet, wenn wir mit dem Wetter unzufrieden waren und sich was schönes zeigte.
Die Hütte Botni (65° 16.181′, -17° 4.088′) ist unglaublich auf halben Weg zwischen Myvatan und Askia gelegen. Ich fand sie romantisch, der Rest der Familie fand sie ranzig und wollte da nicht übernachten. Es gibt auch nichts, wo man ein Zelt aufstellen könnte. Wir waren an Tag 22 da.
Das “Bucic Ressort” Lonkot an der Nordküste hat eine Campingplatz und ein ehr teures Hotel. Eine exzentrisch-gute Küche und ein Geländer voller Wunder. Da wollen wir auf jeden Fall noch mal hin. Wir waren von Tag 23 auf 24 da.
Der Campingplatz von Landmannalaugar ist so bizarr überfüllt, dass dies schon fast einen Umweg wert ist. Die atemberaubende Landschaft natürlich auch. Andere Campingplätze, die uns gefallen haben sind Ásbyrgi bei „Thors Hufabdruck“ (Tag 20 und 21) und der Campingplatz am Dynandi (Tag 31). In Heydalur (Tag 33) haben wir nicht gecampt, weil wir noch weiter fahren wollten. Die Hütte Laugafell ist nett, aber im Hochland Campen ist schon eine kernige Sache, wir haben in der Hütte übernachtet (Tag 35 und 36).
Unsere letzten zwei Nächte haben wir auf dem „Campingplatz im Wald“ bei Egistadir verbracht. Toll da (Tag 37 und 38). Hotels in Egistadir und Umgebung waren allerdings auch (Ende August, vor der Fährabfahrt) ausgebucht, selbst Restaurants waren ein Problem.
Hot Pots und Pools
Grettislaug im Norden hat ein nettes Cafe, den Hotpot fanden wir ehr unromantisch (Tag 24). Und Landmannalaugar ist der Heisse Fluss toll, aber recht schleimig. Abends war es uns da zu voll. Morgens hätte man toll alleine baden können, haben wir aber nicht (Tag 26 und 27). In den Westfjorden 200 m östlich des Hótel Flókalundur gibt es einen HotPot mit Meerblick (Tag 30).Ein paar Kilometer weiter in Kross konnte man toll mit Meerblick baden, das war unser erster Hot Pot (Tag 31). Die Dinger sind durchaus etwas schleimig und umziehen kann etwas windig sein, hat aber mords-Spass gemacht. Heydalur in den Westfjorden hat ein unglaubliches (überdachtes) Schwimmbad kombiniert mit Sattelkammer und Gewächshaus (Tag 33). Der Pool in Krossenslaug an der Nordspitze der Westfjorde ist sehr schon war aber überraschend überlaufen (Tag 33 und 34). In Laugarfell war toll baden aber es war so stürmisch, das mir sogar die Pantoffeln neben dem Pool weggeflogen sind (Tag 34 und 35).
Im Wasser entspannen geht mit unseren Kindern zumindest nicht.
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Beeindruckende Strecken**
Die Strecke nach und von Botni (65° 16.181′, -17° 4.088′) nord-westlich von Askia war unsere Lieblingsstrecke. Von da wäre es sicher auch sehr schön weiter nach Askia gegangen (Tag 22).
Die Fahrt um die Halbinsel von Lokinhamrar in den Westfjorden war toll und die „Abkürzung“ zurück Richtung Norden westlich der 60 war noch toller (Tag 32).
Die Fahrt nach und von Landmannalaugar macht einem klar, warum es da so voll ist.
Die 35 (Kjölur/Kjalvegur, vormals F35 oder F37) fanden wir sehr schön und nicht so überfüllt, wie oft behauptet wird, aber wir waren ja auch im August (Ende der Saison) da.
Am Fusse von Gletschern ist es immer sehr spannend. Wir waren am Snaefells (Tag 26) und am Langjökull (Tag 28). Generell war die Runde um den Snæfell nett, nebelig und spannend und mit Höhlenbesuchen gewürzt (Tag 26).
Was haben wir verpasst?
Wenig. Wir hätten gerne Wale gesehen. Im Nachhinein wären wir am Ende besser doch nicht Richtung zweites Mal Myvatn abgebogen, sondern hätten noch Richtung Askia und Jökulsárlón einen Schlenker machen sollen (Tag 36).
Insgesamt sind wir etwa 4500 km in Island gefahren, davon vielleicht ein 25- 35 % auf Teer und 10 % in „schwerem Gelände“, für die man einen Geländewagen brauchte. Wir sind eigentlich zu viel gefahren, was zu einem grossen teil an dem Wetter lag, dass ein früh anhalten und gemütlich Camp bereiten und Abendessen unbehaglich machte. Nachdem unsre Markise kaputt war (Tag 32) sind wir mehr in Hotels gegangen – schade eigentlich. Wir hätten generell mehr „frei“ (ohne Campingplatz) stehen sollen.
Alles in allem ein toller Urlaub. Vermutlich unser bisher teuerster, am wenigsten komfortabelster und eindrucksvollster Urlaub mit vielen bleibenden Erinnerungen und viel Gelegenheit übereinander etwas zu lernen.
Die gesammelten berichte zu dieser Tour finden sich in der Kategorie Island 2013.